Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung
Karl JaspersDiese Schrift möchte aus dem Ursprung philosophischen Glaubens sprechen, der lebendig ist, seitdem Menschen denken. Sie möchte bezeugen, daß der Verlust des Offenbarungsglaubens keineswegs die immer neue Aneignung des unersetzlichen Wahrheitsgehaltes der Bibel ausschließt. Vielmehr steht in der Situation unserer Tage die Verwandlung der biblischen Religion für uns Abendländer, der anderen Religionen für deren Gläubige, der Philosophie für alle, fast greifbar vor Augen.
Der Titel dieser Schrift lautet: »Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung«; sollten beide für immer unvereinbar sein, so spreche ich von der einen Seite her, aber von der anderen betroffen. Der Titel »Philosophischer Glaube und Offenbarung« wäre ungemäß. Denn er würde einen überlegenen Standpunkt außerhalb beider beanspruchen, den ich nicht einnehme. Sollten aber philosophischer Glaube und Offenbarungsglaube sich treffen können, ohne in eins zusammenzufallen, so möchte ich zu denken versuchen, was dieser Möglichkeit hilft.